Als in Börstingen der Bär tanzte – 
Die Gutenachtgeschichten des Schwäbischen Tagblatts zu Gast in Börstingen


Über 90 Besucher folgten der Einladung des Schwäbischen Tagblatts und des Fördervereins Heimat und Kultur in Börstingen e.V. zu der „Gutenachtgeschichte unterwegs“. Der nun schon weit herumgekommene rote Sessel stand am 3. September im Börstinger Rathaus und wartete ebenso gespannt wie die Gäste auf die beiden Erzähler.
Zunächst entführte Max-Richard Freiherr von Rassler junior, Schlossherr auf Schloss Weitenburg, seine Zuhörer in eine andere, fast schon märchenhafte Welt – in die Lebens¬erin-nerungen seiner Großtante Magna Gräfin Beissel von Gymnich („Über uns die Weitenburg“), die ihre Kindheit und Jugend auf der Weitenburg und in Börstingen zu Beginn des 20. Jahr-hunderts beschreibt. „Puppe“ wie die Gräfin genannt wurde, war ein wildes Mädchen, kein Baum war ihr zu hoch, kein Pferd zu groß und so lernte sie auch rasch die Geheimnisse des Schlosses kennen: So zum Beispiel die Geschichte vom bösen Pater Kapuziner, der kopflos seit 300 Jahren jede Nacht um 12 durch das Schloss irren muss. Auch der unterirdische Gang, der vom Schloss zur Ruine Siegburg führen soll, wurde inspiziert – leider war er damals schon verfallen. Besondere Freude bereitete der kleinen Gräfin der Besuch von Zigeunern in Börstingen. Diese hatten einen Bären dabei, der sich auf seine Hinterbeine erhob und anfing zu tanzen, sobald ein Zigeunermädchen das Tamburin schlug. Bei so viel spannenden Erlebnissen auf dem Schloss und in Börstingen verflog die Kindheit viel zu rasch!
Tagblatt-Redakteur Willibald Ruscheinski führte kurzweilig und einfühlsam durch den anregenden Abend und entlockte dem zweiten Erzähler des Abends, Ralf Striebel, ein Bekenntnis zur Schönheit seiner neuen Starzacher Heimat. „Brot und Heimat“, unter dieses Thema hatte Ralf Striebel seine beiden kürzeren „Gutenachtgeschichten“ gestellt. Die eine, ein Auszug aus Henry Millers „Wendekreis des Steinbocks“, beschreibt einen ganz besonders intensiv gefühlten Sommer der Kindheit. Die Geschehnisse dieses aufregenden Sommers sind untrennbar mit dem köstlichen Geschmack des Roggenbrotes verbunden, welche der Junge von seiner Tante nahezu täglich und mit viel Zuneigung und Verständnis gewürzt, serviert bekam. Brot kann man schmecken, Heimat nur fühlen. Im Essay „Heimat“ von Kurt Tucholsky aus dem Jahre 1929, den Ralf Striebel anschließend las, wurde der schwierige Begriff „Heimat“ in einer emotionalen Art und Weise - fern der Vereinnahmung durch politische Gruppierungen - veranschaulicht, der man auch heute noch durchaus zustimmen kann. 
Der Förderverein Heimat und Kultur in Börstingen e.V. bewirtete seine Gäste thematisch gekonnt mit heimatlichen Schmalzbroten, Laugengebäck, Most und Mostbowle. Heimatliche Klänge ertönten mehrfach vom Blasmusik-Sextett des Musikvereins Börstingen unter der Leitung von Dietmar Lohmiller; zum Schluss wurde das „Börstinger Heimatlied“ gespielt und die Gäste sangen mit. Der Spenden-Hut war entsprechend prall gefüllt: 300 € für die Jugendarbeit erfreuten den Musikverein Börstingen. 
Der Vorsitzende des Fördervereins Heimat und Kultur in Börstingen e.V., Rolf Schorp, dankte allen Beteiligten für den gelungenen Abend.
Monika Laufenberg, Fotos: Gemeinde Starzach